Literarische Stätten in Südosteuropa.Das multiethnische Kronstadt als literarischer Erfahrungsraum in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

 

Projektnr: IKGS P14-12

Projektmitarbeiterinnen: Dr. Réka Jakabházi (UBB), Dr. Enikő Dácz (IKGS), Ana-Maria Pălimariu (UAIC)

Auf die unterschiedlichen Raumkonzepte der kulturwissenschaftlich orientierten Literaturwissenschaft aufbauend stellt sich das Projekt einerseits die Aufgabe, Kronstadt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Schauplatz literarischen Lebens und Wirkens zu erforschen, andererseits „Raum“ als Kategorie literaturwissenschaftlicher Analysen anzuwenden und das in Texten imaginierte Kronstadt von der Jahrhundertwende bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs zu reflektieren. Es werden sowohl Werke untersucht, die in der erwähnten Zeitspanne entstanden, als auch solche, die später erschienen sind – bei beiden Textgruppen gilt jedoch, dass sie Kronstadt der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts thematisieren.

Ausgehend von der existiertenden ethnischen Vielfalt, deren Vielstimmigkeit sich in den dominierenden nationalen Literaturgeschichten nicht wiederfinden lässt, wird im ersten Schritt auf die Pluralität der lokalen Verhältnisse des Kronstädter Literaturbetriebs eingegangen. Besondere Aufmerksamkeit kommt dabei u. a. den literarischen Diskursen zu, die mit der politisch-räumlichen Neuordnung nach 1918 einhergingen. Die in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie an der Peripherie lebenden Kronstädter Literaten rückten ins Zentrum des rumänischen Staates und mussten ihre Rolle neu konzipieren, sodass zunächst intensiver nach Wegen der Kooperation mit den Nachbarnationen gesucht wurde.

 

Den überwiegend komparatistischen Analysen ausgewählter rumänischer, ungarischer und deutscher literarischer Texte im zweiten Teil liegen u. a. folgende Fragen zugrunde: „In welchem Maße konstituierten die literarischen Texte performativ den Raum, den sie repräsentierten, mit?“ Wie schaffen die Texte durch „raumpoetische Kraft Raumvorstellungen“ und dadurch neue „kulturelle Raumordnungen“ oder tragen zu deren Entstehung bei? Wie werden die in der Fachliteratur bereits erarbeiteten politischen Kronstadt-Diskurse literarisch reproduziert und evtl. miteinander konfrontiert? Vor dem Hintergrund der theoretischen Prämissen des spatial turn sind die Raumentwürfe weiterhin auf „ihre Funktion für die Konstruktion des national ˃Eigenen˂ und ˃Anderen˂“ zu prüfen.

Ergebnis des Projekts ist das Buch:

  Dácz, Enikő – Jakabházi, Réka (Ed.): Literarische Rauminszenierungen in Zentraleuropa. Kronstadt/Brașov/Brassó in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Reihe „Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas”. Regensburg: Pustet Verlag 2020. 341 Seiten. ISBN 978-3791732220