KONFERENZ - 10.-12. Oktober 2012

 

Heimat 
Identität, Kontinuität und Differenz in einer globalen Welt 

Veranstaltungsort: Babes-Bolyai Universität Klausenburg/Cluj-Napoca 
 
Ausgangslage 
„Es hat mir nicht geholfen, daß ich fast durch ein halbes Jahrhundert mein Herz erzogen, weltbürgerlich als das eines ‚citoyen du monde’ zu schlagen. Nein, am Tage, als ich meinen Paß verlor, entdeckte ich mit achtundfünzig Jahren, daß man mit seiner Heimat mehr verliert als einen Fleck umgrenzter Erde.“ Der Schriftsteller und Kosmopolit Stefan Zweig denkt im brasilianischen Exil über seine Heimat nach und konstatiert, dass er „nirgends mehr hin, überall Fremder und bestenfalls Gast“ sei. Dass der Mensch seit je her sowieso ein „verrückter Fremder auf Erden“ kann ihn nicht trösten. 1942 scheidet er freiwillig aus dem Leben, jedoch nicht ohne einen Heimatgruß den Heimatlosen auf der ganzen Welt zu hinterlassen – sein Buch „Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers“, Erinnerungen, die als „einziges Paradies“ einer unbeheimateten Seele „Heimat“ anbieten. 
 
Nichts kann Menschen zurückhalten, wenn sie zu neuen Ufern aufbrechen wollen. Nichts hält einen jungen Menschen in seinem heimatlichen Dorf, wenn ihn die Sehnsucht nach dem „anderen Leben“ packt. Für ihn bedeutet in der Heimat bleiben Stillstand, die Heimat verlassen Fortschritt. „Geh über die Dörfer!“ – Das fordert der Schriftsteller Peter Handke, der die Fremde kennt, doch dessen „Langsame Heimkehr“ zeigt, dass Heimat noch mal etwas anderes ist … Aber was genau? Und wie unentbehrlich und existentiell prägend ist Heimat? Ist Heimat vielleicht doch eher das, was der Siebenbürgische Schriftsteller und Dichter Adolf Meschendörfer in seiner „Siebenbürgischen Elegie“ zum Ausdruck brachte: „Anders rauschen die Brunnen, anders rinnt hier die Zeit.“ 
 
Das 20. Jahrhundert wird als „Jahrhundert der Flüchtlinge“ bezeichnet – Migrationsforscher schätzen, dass vierzig bis achtzig Millionen Menschen ihre Heimat verlassen mussten: Wider Willen, zwei- bis dreimal, sind sie „vertrieben“, „umgesiedelt“, „aus- und eingesiedelt“, „umgesetzt“, „deportiert“ worden; sie fristeten ihr Leben in Internierungslager, Baracken, Zeltstädten, Übergangswohnheimen, Asylantenunterkünften, Auffanglager, Durchgangslager. Für „3-d-jobs: dirty, dangerous, difficult“ (Karl Schlögel) wurden sie immer gebraucht, ob sie auch immer willkommen waren, sei dahingestellt. – Vom Thema „Heimatverlust“ sind vor allem die deutschen Minderheiten aus Mittel- und Südosteuropa betroffen, daher haben sie zum Begriff „Heimat“ einen amibivalenten Bezug. Anhand ihres Beispiels wollen wir uns dem Thema im Rahmen einer Konferenz annähern. 
 
Umsetzung 
Auf der Suche nach Heimat in einer globalen Welt sowie dem Bestreben die Haltung und das Gefühl, das sich hinter dem Begriff „Heimat“ verbirgt, zu fassen und zu bestimmen, wollen wir Ethnologen, Soziologen, Psychologen, Philosophen, Historiker, Migrationsforscher, Literaten, Schriftsteller zu einer dreitägigen Konferenz nach Klausenburg/Cluj-Napoca (Rumänien) einladen, an einen Ort mit einer wechselvollen Geschichte, an dem deutsche Siedler im Auftrag des ungarischen Königs eine Kirche im Zentrum der Stadt errichteten und wo heute in verschiedenen Sprachen, rumänisch, ungarisch, deutsch gepredigt wird, eine Stadt, aus der viele deutsche Siedler – freiwillig oder unfreiwillig – als „Vertriebene, Flüchtlinge, Spätaussiedler“ weggezogen sind, in die aber ein Teil auch wieder kurz- oder langfristig zurückzieht. Klausenburg – ein Ort, der sich für eine kontroverse Diskussion zum Thema „Heimat“ regelrecht anbietet. 
 
Der interdisziplinäre Ansatz der Konferenz ermöglicht es, am Beispiel der deutschen Minderheitenkulturen den Umgang mit dem strapazierten Begriff „Heimat“ zu thematisieren und zu problematisieren. Dabei fallen Fragestellungen ins Gewicht wie: Es gibt viele Gründe, die Heimat zu verlassen und auf „Wanderschaft“ zu gehen – welches waren die Gründe der deutschen Minderheiten? Wie gehen die einst „Vertriebenen“ oder „Flüchtlinge“ mit den Begriff „Heimat“ um, wie gestrig und rückschrittlich erscheint er ihnen? Bedeutet Flucht oder Weggang Ende von Heimat? Welche Heimat ist oder bleibt „süß“ – Siebenbürgen, Rumänien, Deutschland? Und was bedeutet diese für die eigene Zukunftsgestaltung? Muss es für den Menschen einen bestimmten Ort geben, an dem er mit der Landschaft und den Gegenständen, die er benutzt, verwachsen ist oder braucht er in einer globalen High-Tech-Welt gar keine „menschlichen Landkarten“ mehr? Inwiefern kann der Mensch eine „neue Heimat“ finden? Kann es auch mehrere Orte geben, an denen er sich „beheimatet“ fühlt? 
 
Die Organisatoren: 
Deutsche Gesellschaft e.V. Berlin

Ingeborg Szöllösi (is@deutsche-gesellschaft-ev.de)
und 
Babes-Bolyai Universität

András F. Balogh (abalogh78@hotmail.com
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